Zwei Monate vorm Winken

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Zwei Monate vorm Winken

Dass meine (Hanna) Zeit im raumschiff begrenzt sein würde, wusste ich von Anfang an. Aber das vergaß ich ziemlich schnell. Zwei Jahre sind eine lange Zeit, wenn sie vor einem liegen. Vor allem im raumschiff, wo man von Mittwoch zu Mittwoch lebt, von Monat zu Monat. Das Leben der Menschen, die sich im raumschiff zuhause fühlen, änderte sich manchmal auch monatlich. Umzüge, bestandene Prüfungen, Babys, neue Semesteranfänge – und immer wieder neue, andere Leute, die ihren Weg in das kleine Wohnzimmer mit dem grünen Sofa und der alten Stehlampe fanden. Und bei all den vielen großen und kleinen Veränderungen war das nur eine Randnotiz in meinem Hinterkopf, nämlich dass es nach zwei Jahren Probedienst Zeit werden würde zu gehen. Es fand so viel Leben statt, Begegnung, so viel Segen und gemeinsames Stullen Essen.

Im Januar hatten wir davon auf dem Visionswochenende auf der Raketenstation Hombroich noch einmal etliches geplant für die ersten Monate von 2020. Und dann kam Corona. Wir blieben zuhause und zoomten los, feierten erstmalig #brot+wein vor unseren jeweiligen Bildschirmen, spielten zusammen, teilten Musik und Texte miteinander und aßen immer wieder zusammen Stullen, nicht an einem Tisch, aber im Herzen verbunden. 

Ja, ich habe mich in den letzten Wochen sehr verbunden gefühlt mit den wunderbaren raumschiff-Menschen und bin dankbar für den Austausch in dieser Situation, die von uns allen körperliche Distanz verlangt hat und weiterhin in einem gewissen Maß verlangen wird. Aber mit jeder weiteren Woche, in der wir uns zwar über Bildschirm, aber nicht „kohlenstofflich“ sehen konnten, musste ich wieder mehr daran denken, was ich gedanklich aufgeschoben hatte: im Sommer muss ich dem raumschiff tschüss sagen, winken, und aussteigen, damit es ohne mich weiterfliegen kann.

Es ist eigenartig, sich aufs Abschiednehmen vorzubereiten, wenn doch eigentlich gerade die Vorfreude aufs Wiedersehen wächst und die Hoffnung groß ist, dass es nicht mehr ganz so lange dauern möge, bis alles wieder möglich ist, was uns vorher Freude gemacht hat – zusammen essen, Konzerte, Anstoßrunden, Brot teilen, Tee trinken. 

Natürlich werde ich hier noch einmal ausführlicher Abschied nehmen und wie ich hörte, ist auch im raumschiff etwas geplant. In Überraschungen sind wir nämlich ziemlich gut. Aber gerade weil das so eine eigenartige Zeit ist, wo Begegnung so anders stattfindet als vor Corona, ist es mir wichtig, hier noch einmal zu schreiben, was ich einigen in den letzten Wochen schon erzählen konnte: Ende August ziehe ich aus Essen weg. Mein Weg führt mich nach Hannover, wo ich ab dem 1.9.2020 Pastorin in einer Kirchengemeinde sein und außerdem mit einem Viertel an der Akademie Loccum mitarbeiten werde. Darauf freue ich mich wirklich, es sind zwei spannende Aufgaben und an beiden Orten werde ich mit begeisterten und engagierten Menschen zusammenarbeiten können, das ist ein großes Glück. Aber natürlich werde ich das raumschiff auch vermissen, die Gespräche, die Spontaneität, das „tu, was dir gut tut!“ und vieles mehr. Noch ist es zu früh für einen ausführlichen Rückblick. Denn es bleiben mir noch gut zwei Monate, um zu begreifen, wie schnell diese zwei Jahre, die anfangs so lang schienen, vergangen sind. 

1 Comment

  1. Johannes sagt:

    Das “ich” in diesem Text ist übrigens Hanna Jacobs und es ist wirklich schade, dass diese zwei Jahre schon fast vorbei sind.