Für einige Monate hat Juliane Gayk als Pfarrerin im raumschiff.ruhr mitgestaltet. Hier erzählt sie, wie sie die Zeit im raumschiff erlebt hat und was sie mitnimmt, wenn sie nun weiterzieht. Für all die, die sie vermissen, aber auch für alle, die keine Ahnung haben, wer sie überhaupt ist, ein Text zum Schmökern, Stolpern, der eigenen Sehnsucht auf die Spur Kommen:
Sehnsucht ist für mich Blau.
Die Farbe des Himmels und des Wassers. Sie lässt mich sehnen und hoffen, dass das was ist, noch nicht alles ist. Auf mehr.Blau ist auch die Farbe des raumschiff.ruhr, in vielen Facetten. Die Farbe des gläsernen Kubus in der Marktkirche, wo jede Woche #orbit gefeiert wird. Die Farbe der beleuchteten Schaufenster und der Gummibärchen auf den Tischen. Ein sehnsuchtsblauer Sehnsuchtsort.
Als Pfarrerin mit einer Teilzeitstelle und mit einer vollen Sehnsucht danach, mit Anderen gemeinsam Kirche zu gestalten, bin ich ins raumschiff.ruhr gekommen. Um Neues zu wagen und zu entdecken. Um zu experimentieren. Einen Sehnsuchtsort zu teilen. Mit meiner wunderbaren Kollegin und Freundin Rebecca John Klug und mit Menschen die sich dem raumschiff.ruhr auf vielfältige Weise verbunden fühlen.
Sehnsucht ist sich-nicht-zufrieden Geben. Neugier. Ausprobieren. Suchen. Ich behaupte mal: Sehnsucht ist der Motor für das raumschiff.ruhr. Viele hier sind Sehnsüchtige.
Was meine Sehnsucht sucht? Einen Ort der Heimat. Denn obwohl ich in der Kirche arbeite, habe ich oft das Gefühl eine Fremde in ihr zu sein. Oder, dass sie mir eine Fremde ist, die meine Sprache nicht spricht, meine Lieder nicht singt und meine Seele nicht berührt. Wenn ich an die zurückliegenden Monate im raumschiff.ruhr denke, dann denke ich an viele Momente der Heimat. An Worte, Ideen, Melodien und Menschen, die mein Herz berührt haben. Ich denke an #raumklangkonzerte und Musik, die in meine Seele fällt. Bier und Beichtgespräche. #trostraum, Schokolade und Freudentränen. An das Festival ESSEN.ORIGINAL und Weihnachtsmarkt und an #glanzpunkte, die an den Weihnachtsbäumen baumeln. Ich denke an die Mittwochabende und #orbit, jedes mal andere Menschen um einen Tisch. Ich denke an Feiern, Verabschieden, Gutes Wünschen. Ich denke an gemeinsame Tage #unterwegs, Visionen und Versuche und Scheitern dürfen. Ich denke an manches Mühsame, an Kirchenpolitik, Denkmalschutz und Innenstadtrandale. Ich denke an Zuspruch, Unterstützung und Menschen, die ihre Sehnsüchte teilen. Ich fühle mich beschenkt mit dem, was andere geteilt haben: Musik, Kürbissuppe, Ideen, Vertrauen, Schokolade, Bibelverse, Konfetti, Mut, Pflaster, Lachen, Freundschaft… Vieles hat meine Sehnsucht genährt. Ganz besonders auch ein Lied: „You make beautiful things out of the dust“ (übersetzt: Du schaffst Schönes selbst aus
dem Staub heraus). Viele Male habe ich diese Zeile Mittwochs Abends bei #orbit mitgesungen und mitgehofft. Eine Sehnsuchtsmelodie für den Trubel des Alltags, für die Versammelten und für das, was wir als Wünsche gen Himmel schicken.
Für mich eine Sehnsuchtsmelodie auch für unsere Kirche, dass sie immer wieder neu werden darf. Eine Erinnerung an Gottes unbegrenzten Möglichkeiten. Und wenn ich an die grade nicht glauben kann, dann mindestens eine Erinnerung an die Sehnsucht danach.
„You make beautiful things out of the dust“ – Diese Sehnsuchtsmelodie hat mich auch durch manches Schwere in diesem Jahr getragen. Ich konnte mich bergen im Blau, dass mich an die Größe Gottes, die Weite des Alls und an die große Geschichte von Gott und den Menschen erinnert. Auch wenn noch manches offen ist und bleibt.
In den letzten Monaten hatte ich eine Pausenzeit. Jetzt, im November 2017, ziehe ich beruflich weiter. An einen anderen Sehnsuchtsort, als Pfarrerin in ein Krankenhaus. Vieles, dass ich in meiner raumschiff-Zeit gelernt und neu durchdacht habe nehme ich mit: Gedanken zu Kirche und Menschen, Team, Erneuerung, Gott und mich selbst. Und ich nehme vor allem die große Sehnsucht mit. Die Sehnsucht, auch an diesem neuen Ort
Raum für Sehnsucht, Glaube, Hoffnung und Heimat zu teilen.
Etwas für mein neues Büro habe ich schon im Gepäck. Es ist Blau: ein Bild mit einem blauen Orbit und einem goldenen Kern. Denn ein Stückchen raumschiff.ruhr zieht sehnsuchtsvoll mit mir mit.
Gute Reise, liebes raumschiff! Danke für alles! Wir sehen uns im Orbit!
Am Mittwoch, den 29.11., feiern wir im raumschiff Julianes Abschied bei #orbit. Ein leuchtendes Fest. Herzlich Willkommen ab 18:30 Uhr im raumschiff im Herzen der Stadt.